Shintoismus und Buddhismus

Die beiden Hauptreligionen Japans sind der Shintoismus und der Buddhismus. Über 80% der Japaner sind Buddhisten, und über 70% gelten als Shintoisten, und 1% als Christen…! Nicht nur dem guten Rechner mag auffallen, dass hier etwas nicht stimmt, denn das ergibt zusammen über 150% – eine statistische Unmöglichkeit. Der Fehler dieser Berechnung liegt aber in jener westlichen Denkweise, dass der Mensch nur einer Religion zugehören könne und sich zu dieser bekenne.

Im Gegensatz zu uns finden die Japaner nichts dabei, sich aus dem Angebot der Religionen das „herauszufischen“, was den jeweiligen Umständen am besten entgegenkommt: So heiratet die Mehrzahl der Japaner nach shintoistischem Ritual und lässt sich buddhistisch beerdigen; statistisch gesehen gelten sie somit als Shintoisten und Buddhisten zugleich. Wie gestern schon geschrieben schicken viele Eltern ihre Kinder auf eine christliche Universität und feiern mit den Kleinen Weihnachten, obwohl sie keine Christen sind. Für Japaner ist dieses „herauspicken“ der guten Seiten der jeweiligen Religion ganz normal: Religion spielt im Leben eines Japaners eine nur sehr geringe Rolle, und fragt man einen Japaner nach seiner religiösen Zugehörigkeit, wird dieser meist verlegen, und weiß nicht so recht was er antworten soll.

Religion als Frage nach dem Sinn des Lebens und weiter nach dem Wesen des Todes spielt hier keine Rolle im japanischen Denken und Empfinden. Japanern, ob Shintoisten oder/und Buddhisten gilt der Tod eher als simpler Abschluss des Lebens, nicht etwa als Übergang ins Jenseits. Mit dem Tod endet alles und man fürchtet diesen nicht wegen des „Jüngsten Gerichts“, wie das bei uns Christen der Fall ist.

Das Nebeneinanderherleben von Shintoismus und Buddhismus stellt in der Weltgeschichte ein wirklich seltenes Beispiel von jahrhunderterlanger religiöser Toleranz dar. Auch wenn es Auseinandersetzungen gab, gab es keinerlei hasserfüllten oder gar blutigen Religionskriege zwischen den beiden Religionen.

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